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Fertigprodukte – was ist wirklich drin?

Fertigprodukte – was ist wirklich drin?

Zutatenliste, Nährstofftabelle und Nutri-Score verstehen 

Die Regale unserer Supermärkte sind voller Fertigprodukte: Pizza, Lasagne, Müsli, Konserven, Süßigkeiten. Die unterschiedlichsten vorgefertigten Produkte stehen uns zur Verfügung und wollen uns das Leben in der Küche leichter machen. Meinen Kund*innen rate ich, auf Fertigprodukte möglichst zu verzichten beziehungsweise zumindest immer zu überprüfen, welche Inhaltsstoffe das jeweilige Produkt enthält. Das ist jedoch gar nicht so einfach wie es klingt. Wer weiß denn schon, was genau hinter den Angaben auf Zutatenlisten, Nährstofftabellen und Nutri-Score steckt? Es ist schon Expertenwissen gefragt, wenn man diese verstehen will.  Deshalb erkläre ich in diesem Artikel die wichtigsten Angaben auf den Verpackungen und zeige einen Weg auf, wie man sich am besten durch die verschiedenen Listen und Tabellen liest. 

“Ich verbringe jetzt viel mehr Zeit im Supermarkt. Nicht mit Einkaufen, sondern mit Etikettenlesen.“ 

Diese Antwort gab mir neulich eine Kundin auf die Frage, wie es ihr denn mit ihrer Ernährungsumstellung gehe. Ein leichter Vorwurf in dieser Aussage war nicht zu überhören. „Es nervt total, und es kostet mich jede Menge Zeit“, fuhr meine Kundin fort. „Und am Ende weiß ich doch nicht genau, was da drin ist. Ich bin zu blöd dafür!“ An dieser Stelle musste ich meiner Kundin vehement widersprechen. Lebensmitteletiketten nicht zu verstehen, ist sicherlich kein Zeichen für mangelnde Intelligenz. Denn diese sind alles andere als benutzerfreundlich und für den „Otto-Normal-Verbraucher“ kaum zu verstehen. 

Zum einen ist es schon eine Wissenschaft für sich, was sich genau hinter Zutatenlisten, Nährstofftabellen und Nutri-Score verbirgt und welche gesetzlichen Regeln hier jeweils gelten. Zum anderen sind die Inhaltsstoffe selbst auch nicht immer so deklariert, dass ein Laie diese auf Anhieb verstehen kann. Wer weiß denn beispielsweise schon, dass Saccharose, Dextrose, Fructose und Agavendicksaft alles Zuckerarten und somit ein Hinweis auf ein ungesundes Lebensmittel sind? (Ja, auch Agavendicksaft!) Oder dass sich hinter der Bezeichnung „Säurungsmittel Citronensäure“ ein künstlich hergestellter Zusatzstoff verbirgt, der auch unter E330 bekannt ist? 

Orientierung im Etiketten-Chaos

Wirklich alle Packungsangaben zu verstehen, ist für den Laien kaum möglich. Aber es gibt ein paar wichtige Eckpunkte, die Orientierung geben und helfen, ein Produkt und seine gesundheitlichen Auswirkungen besser einschätzen zu können. Dabei muss man nicht jeden einzelnen Inhalts- oder Zusatzstoff kennen, der in den Lebensmitteln steckt. Wichtig ist vielmehr, dass man einen Überblick hat, was Zutatenliste, Nährstofftabelle und Nutri-Score eigentlich aussagen, auf was man beim Lesen der jeweiligen Angaben achten sollte und in welcher Reihenfolge man dabei am besten vorgeht. 

Hier ein kleiner Leitfaden, wie man sicher durch die Packungsangaben navigiert:

Erster Schritt: Zutatenverzeichnis checken

Als erstes wirft man am besten einen Blick auf die Zutaten. Folgende Punkte sollte man dazu wissen:

  • Die Zutaten müssen nach ihrem Gewicht sortiert aufgelistet werden. Je weiter vorne also eine Zutat aufgeführt ist, desto mehr ist davon in dem jeweiligen Produkt enthalten. 
  • Zusatzstoffe wie beispielsweise Konservierungsstoffe, Emulgatoren oder Stabilatoren tauchen deshalb in der Regel erst am Ende der Liste auf.
  • Zusatzstoffe dürfen unterschiedlich aufgeführt werden. Sie können mit ihrer E-Nummer wie E330 oder aber mit ihrem Verwendungszweck aufgeführt werden wie beispielsweise „Säurungsmittel Citronensäure“. Hinter beidem verbirgt sich der gleiche künstlich hergestellte Zusatzstoff – aber Citronensäure klingt natürlicher viel gesünder.
  • Sämtliche Allergene wie beispielsweise Erdnüsse oder glutenhaltiges Getreide müssen immer hervorgehoben werden.
  • Zucker hat viele Namen. Dass Zucker ungesund ist, weiß inzwischen jeder. Aber auch hinter Bezeichnungen wie Dextrose, Fructose, Glukose, Karamellsirup, Saccharose, Maltose, Weizendextrin, Süßmolkepulver oder Gerstenmalz steckt Zucker. Häufig befinden sich in einem Produkt gleich mehrere dieser Zuckerarten. Deshalb lohnt es sich immer, den Zuckergehalt auf der Nährwerttabelle zu überprüfen (siehe unten). 
  • Wenn sich das Bild einer Zutat auf der Packung befindet, muss der Anteil dieser Zutat in der Regel auf der Packung angegeben werden. Deshalb findet man gelegentlich Angaben wie „Haselnüsse 13%“.

Meine Tipps für die Zutatenliste
  • Je weniger Zutaten, desto besser. 
  • Idealerweise sollten dort nur Lebensmittel aufgeführt sein.
  • Auf die Zusatzstoffe am Ende der Liste achten – je mehr Zusatzstoffe, desto schlechter!
  • Am besten Bio-Produkte verwenden – hier sind weitaus weniger Zusatzstoffe erlaubt! 

Exkurs Zusatzstoffe

Wenn man sich ausgewogen ernährt und seine Mahlzeiten in der Regel selbst aus frischen Zutaten zubereitet, ist es nicht schlimm, wenn man ab und zu mal ein Produkt mit Zusatzstoffen zu sich nimmt. Bedenklich wird es, wenn der Cola die Packung Gummibärchen folgt, und man anschließend schnell noch ein Fertiggericht in die Mikrowelle schiebt. Dann kann ein gefährlicher Chemiemix entstehen. 

Neuere Studien weisen darauf hin, dass Zusatzstoffe unsere Darmflora schädigen. Andere Studien haben gezeigt, dass Süßstoffe die Insulinresistenz fördern und somit zu einer Entwicklung von Diabetes beitragen können. 

Unterm Strich sollte man den Konsum von Zusatzstoffen so gering wie möglich halten. Das gilt ganz besonders für Kinder und Heranwachsende.


Zweiter Schritt: Nährwertkennzeichnung überprüfen

Die Nährwerttabelle ist auf verpackten Lebensmitteln Pflicht und macht Angaben zu Energiegehalt, Fett und gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz. Die Angaben beziehen sich anteilig auf 100 g bzw. 100 ml. Dadurch werden die verschiedenen Produkte vergleichbarer. So kann man relativ leicht erkennen, ob Müsli A oder Müsli B mehr Zucker enthält. 

Hier lohnt sich vor allem ein Blick auf die ungesunden Zutaten Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz:

  • Zucker sollte möglichst wenig enthalten sein. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Menge „viel“ ist, nenne ich meinen Kund*innen immer den „Referenz-Wert Cola“. Cola enthält in der Regel mehr als 10 g Zucker pro 100 ml. Wenn ein Müsli beispielsweise 27 g Zucker pro 100 g enthält, ist das also recht viel. Allerdings muss man dabei bedenken, dass hier auch der Zuckergehalt von natürlichen Inhaltsstoffen wie Rosinen enthalten ist. Deshalb lohnt sich ein Abgleich der Zutatenliste (Ist Zucker enthalten?) mit der Nährstofftabelle (Stammt der aufgeführte Zucker vielleicht von den in den Zutaten aufgeführten Rosinen?)
  • Fette sind nicht generell ungesund. Bestimmte Fette wie beispielsweise Omega 3 sind sogar essentiell und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Ungesund sind vor allem gesättigte Fettsäuren. Deshalb sollten wir Produkte mit einem möglichst geringen Anteil gesättigter Fettsäuren kaufen. Auch hier wird im direkten Vergleich ähnlicher Produkte deutlich, dass es teilweise große Unterschiede gibt.
  • Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, nicht mehr als 6 g Salz pro Tag zu sich zu nehmen. Das entspricht ungefähr einem Teelöffel Salz. Tatsächlich liegt der Salzkonsum von Frauen in Deutschland bei 8,4 g täglich, der von Männern sogar bei mehr als 15 g. Zu viel Salz kann zu Bluthochdruck und somit auf Dauer zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Außerdem kann zu viel Salz unserer Darmflora schaden. Deshalb lohnt sich hier ein genauer Blick auf die Nährstofftabelle. Bereits mit einer Tiefkühlpizza kann man schon die empfohlene Tagesdosis überschreiten! 

Dritter Schritt: Nutri-Score mit Vorsicht genießen

Mit Hilfe des Nutri-Score soll der Verbraucher mit einen Blick einschätzen können, ob er ein eher gesundes oder ungesundes Lebensmittel vor sich hat. Der Nutri-Score funktioniert nach dem Ampelprinzip mit insgesamt 5 Stufen von A (dunkelgrün) bis E (rot). Dabei werden die Produkte nach ihrem Gehalt an Nährstoffen wie Fett, Zucker, Salz oder Ballaststoffen bewertet. Einfach gesagt: Für gesunde Inhaltsstoffe wie Ballaststoffe oder Obst und Gemüse bekommt man Pluspunkte, für ungesunde Inhaltsstoffe wie gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz Minuspunkte. Dann wird zusammengerechnet, und je nach Ergebnis erhält das Produkt dann seinen Nutri-Score. 

Im Gegensatz zu den bereits bestehenden verpflichtenden Angaben auf den Verpackungen, wird es dem Verbraucher hier leicht gemacht. Allerdings hat das System auch seine Schwächen:

  • Zusatzstoffe spielen bei der Berechnung keine Rolle. Hier muss der Verbraucher weiterhin auf die Zutatenliste schauen. 
  • Da sich schlechte Zutaten durch gute ausgleichen lassen, kann ein grünes Produkt dennoch ungesunde Stoffe beinhalten. Eigentlich ungesunde Produkte können in bestimmten Grenzen schön gerechnet werden, indem der Hersteller beispielsweise bei Zucker gerade so unter dem Schwellenwert bleibt, der zu einer schlechteren Bewertung führen würde, oder indem er zu den ungesunden Zutaten noch gesunde wie Ballaststoffe hinzufügt. 
  • Der Nutri-Score sagt nichts darüber aus, ob ein Produkt gesund ist. Es gibt tatsächlich Fertigpizzen und Pommes mit einem dunkelgrünen Nutri-Score. Der Verbraucher wird nicht darauf hingewiesen, dass Fertiggerichte grundsätzlich – vor allem in größeren Mengen – nicht gesund sind, auch in einem dunkelgrünen Produkt ungesunde Zutaten enthalten sein können und der Nutri-Score lediglich ein Vergleich innerhalb einer Produktgruppe ist. 
  • foodwatch reklamiert, dass Zucker nicht streng genug bewertet wird. Auch kommen eigentlich gesunde Lebensmittel wie Nüsse oder native Öle aufgrund ihres hohen Fettgehalts noch zu schlecht weg. Deshalb soll der Nutri-Score in nächster Zeit angepasst werden soll. Allerdings kritisiert foodwatch, dass Zucker nach den aktuellen Plänen dann immer noch zu positiv bewertet wird. 

Das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung räumt selbst ein, dass „der Nutri-Score grundsätzlich keine Orientierung über die Ausgewogenheit der gesamten Ernährung gibt und keine Aussagen zum Gesundheitswert eines einzelnen Lebensmittels macht.“ Und weiter: „Wer sich ausschließlich von Lebensmitteln der Kategorie A ernährt, isst noch lange nicht ausgewogen.“

Zusammenfassend kann man also sagen: Mit Hilfe des Nutri-Scores können Verbraucher einzelne Fertigprodukte miteinander vergleichen. So kann man beispielsweise auf einen Blick erkennen, welche der im Supermarkt angebotenen Fertigpizzen am wenigsten Schaden anrichtet. Der Nutri-Score macht jedoch keine Aussage darüber, ob ein Produkt wirklich gesund ist oder nicht. 

Gesund lebt, wer’s selber macht

Wenn man wirklich gesund leben will, hilft nur eines: selber machen. Wir sollten unsere Mahlzeiten möglichst oft selbst aus frischen und gesunden Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten sowie Nüssen und Samen zubereiten. Dann haben wir es im Griff, was wir mit unseren Mahlzeiten zu uns nehmen. Auch können wir so die Qualität unserer Lebensmittel beeinflussen und beispielsweise Bio-Gemüse (ohne gesundheitsschädliche Pestizide) aus regionalem und saisonalen Anbau (keine langen Transportwege) verwenden. So können wir Tag für Tag das Maximum an gesunden Inhaltsstoffen auf den Tisch bringen. 

Wenn es dann mal schnell gehen muss und man zu einem Fertigprodukt greift, kann man mit den Tipps aus diesem Artikel zumindest das jeweils gesündeste Produkt innerhalb einer Produktgruppe auswählen. Und das lohnt sich. Denn mit jedem Gramm Zucker und jedem Zusatzstoff, den wir nicht zu uns nehmen, tun wir etwas für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. 

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