Wie sich unsere Ernährung auf Covid-19 auswirkt

Wie sich unsere Ernährung auf Covid-19 auswirkt

… und warum sich eine Ernährungsumstellung gerade jetzt lohnt

Du bist, was du isst. Dieser Satz bringt es auf den Punkt. Ob wir gesund sind oder gesund bleiben, hängt im wesentlichen von unserem Lebensstil und von dem ab, was wir täglich zu uns nehmen – oder eben nicht zu uns nehmen. Leider scheint dies in der Corona-Krise kaum jemanden zu interessieren. Wir haben in den zurückliegenden Wochen gelernt, dass wir Abstand halten, Kontakte vermeiden und die Hände regelmäßig waschen sollen. Aber niemand hat uns gesagt, dass unsere Ernährung Einfluss auf unseren Gesundheitszustand und unser Immunsystem hat. Aber jetzt haben Forscher der Uni Hohenheim interessante Erkenntnisse zu diesem Thema veröffentlicht.

Neulich vor dem Biomarkt: Ich treffe einen Bekannten, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Und beinahe hätte ich ihn auch nicht erkannt. Denn er trägt einen Mundschutz und hat außerdem deutlich zugenommen. Er erzählt mir dann auch gleich, fast schuldbewusst, dass er sich in der Krise einfach viel zu wenig bewegt und als Ausgleich (an dieser Stelle malt er mit seinen Fingern zwei Anführungsstriche in die Luft) sozusagen umso mehr kocht und isst. Leider hätte sich das dann auch deutlich auf der Waage gezeigt, schließt er den kurzen Bericht über seinen Gesundheitszustand ab. „Man kann es auch mühelos ohne Waage erkennen“, denke ich, behalte es aber für mich. Erfahrungsgemäß macht man sich mit solchen Bemerkungen nicht gerade beliebt. 

Mein Gegenüber fährt fort: „Aber ich koche ja gesund. Viel Gemüse und Obst. Und alles frisch.“ Da stimme ich ihm natürlich gerne zu. Eine pflanzenbasierte Kost mit frischen Zutaten ist gesund. Punkt. Wobei damit die Frage noch nicht geklärt ist, woher die überschüssigen Pfunde stammen. Als Ernährungsberaterin weiß ich, dass Übergewicht in fast allen Fällen mit dem zusammenhängt, was wir täglich zu uns nehmen. Gemüse und Obst sind in der Regel nicht Schuld daran, dass unsere Kleider immer enger werden. 

Ungesundes wird nicht gesund, indem wir es selbst herstellen

Und dann präsentiert mir mein Bekannter doch noch die Antwort auf die offene Frage auf dem Silbertablett: „Jetzt muss ich noch schnell in den Bio-Markt. Ich wollte heute einen Kuchen backen, und mir ist der Zucker ausgegangen.“ Und wie um sich selbst zu entschuldigen, fügt er noch hinzu: „Ich ernähre mich ja wirklich gesund, aber ab und zu muss man sich auch etwas Gutes tun. Und selbst gemachter Kuchen ist ja auch viel gesünder als der vom Bäcker.“ 

Jetzt fangen meine Nackenhaare an, sich langsam zu sträuben. Denn mich stören genau drei Dinge an diesen Aussagen

  • Man lebt nicht gesund, wenn man Gemüse und Obst isst und den positiven Effekt mit entsprechend ungesunden Lebensmitteln oder ungesundem Verhalten gleich wieder zunichte macht.
  • Ungesunde Lebensmittel werden nicht dadurch gesund, dass man sie selbst herstellt.
  • Die Wortwahl „sich etwas Gutes tun“ ist im Zusammenhang mit schlechten und ungesunden Nahrungsmitteln nicht angebracht. Wir tun uns damit einfach nichts Gutes! 

Zivilisationskrankheiten machen Covid-19 gefährlich

Deutschland ist bis jetzt gut durch die Corona-Krise gekommen. Die getroffenen Maßnahmen greifen, die Zahl der Infizierten ist rückläufig. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass die Menschen, die an oder mit Corona sterben, alle Vorerkrankungen hatten. Teilweise sogar mehrere gleichzeitig. So berichtet das Ärzteblatt von Obduktionen, die in Hamburg und in der Schweiz an verstorbenen Covid-19-Erkrankten durchgeführt wurden. Das Ergebnis war eindeutig: Alle obduzierten Patienten wiesen Vorerkrankungen auf. Manche sogar mehrere gleichzeitig. Dabei war übrigens das Alter der Betroffenen nicht entscheidend, sondern ihr Gesundheitszustand. Dass überwiegend ältere Menschen betroffen sind, liegt nicht am Alter, sondern daran, dass diese über die Lebensjahre hinweg häufig unterschiedliche Zivilisationskrankheiten erworben haben.

Aktuell lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Verstorbenen überwiegend Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Arteriosklerose hatten. Viele der Patienten waren darüber hinaus schwer adipös oder litten an Diabetes (Spiegel-online). Es handelt sich somit in vielen Fällen um sogenannten Zivilisationskrankheiten. Also Krankheiten, die in der Regel durch falsche Ernährung und einen ungesunden Lebensstil entstehen.  Als Ernährungsberaterin kenne ich diese Fälle nur zu gut. Und ich habe auch schon erfreulicherweise mit erleben dürfen, wie sich solche Krankheiten häufig stark verbessern oder sogar in Luft auflösen, wenn die Betroffene ihre Ernährung umstellen und sich mehr bewegen.

Prävention anstatt Symptombehandlung

Forscher von der Uni Hohenheim bestätigen nun in ihrem Bericht , dass unsere Ernährung Auswirkungen auf den Verlauf von Covid-19 hat. Demnach sind Menschen, mit einer Fehl- oder Mangelernährung weitaus mehr gefährdet, bei einer Infizierung mit Covid-19 einen schweren Verlauf zu haben. Oder positiv formuliert: Wenn wir uns gesund ernähren, steigt die Wahrscheinlichkeit, bei einer Infizierung gut mit der Erkrankung zurecht zu kommen. Prof. Dr. Bischoff von der Uni Hohenheim rät gefährdeten Personen ausdrücklich, sich dabei bei Bedarf von Ernährungsberater*innen oder Ernährungsmediziner*innen unterstützen zu lassen. 

Vor diesem Hintergrund finde ich es erschreckend, dass die Politik – und da schließe ich mal unsere Virolog*innen mit ein – ausschließlich mit Symptombekämpfung beschäftigt ist, anstatt das Problem an der Wurzel zu packen. Das ist aus meiner Sicht im Übrigen ein grundsätzliches Problem unserer Schulmedizin. Die wenigstens Mediziner betrachten ihre Patienten ganzheitlich. Und so stellen die meisten Ärzte lieber ein Rezept aus, anstatt mit dem Patienten ein Konzept zu entwickeln, wie beispielsweise Bluthochdruck oder Altersdiabetes durch eine Veränderung der Ernährung und der Lebensgewohnheiten verbessert werden können. 

Eine Kampagne für die Gesundheit

Buntes Gemüse in Schale

Ich finde, es ist an der Zeit, die Menschen in diesem Land ganz anders zu informieren als bisher. Ich stelle mir das so vor: Das RKI stellt uns nicht nur regelmäßig die aktuellen Corona-Zahlen vor oder den viel gepriesenen R-Wert, sondern es konzentriert sich darauf, wie wir alle zusammen gesünder werden können, um so dem Virus gemeinsam zu trotzen. Die Botschaften könnten dann so aussehen:

„Heute ist der R-Wert wieder leicht gestiegen. Deshalb ist es wichtig, weiterhin vorsichtig zu sein und alle Vorsichtsmaßnahmen zu befolgen.“ Soweit kennen wir das ja, aber jetzt kommt das Neue: „Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen müssen vor allem Menschen, die an Bluthochdruck leiden, bei einer Covid-19-Erkrankung mit einem schweren Verlauf rechnen. Deshalb fordern wir alle Bundesbürger auf, ihren Blutdruck überprüfen zu lassen und bei zu hohen Werten einen Arzt aufzusuchen. Wenn Sie an Bluthochdruck leiden, sollten Sie darüber hinaus Ihre Ernährung umstellen, Stress vermeiden und sich ausreichend bewegen. Ihr Hausarzt unterstützt Sie gerne dabei!“

Oder: „Heute gab es einen leichten Anstieg der Covid-19-Zahlen. Bitte bleiben Sie vorsichtig und achten Sie auf Ihr Gewicht. Forschungsergebnisse aus den USA zeigen, dass Menschen mit starkem Übergewicht bei einer Covid-19-Infizierung signifikant häufiger einen schweren Verlauf haben. Wenn Ihr BMI höher als 30 beträgt, sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen und gemeinsam mit diesem einen Plan entwickeln, wie Sie Ihre Ernährungsgewohnheiten ändern und Gewicht reduzieren können.“

Das Problem an der Wurzel packen

Wahrscheinlich bin ich naiv. Aber ich würde mir wünschen, dass man zusätzlich zu den berechtigten und erforderlichen Einschränkungen den Blick nach vorne richtet und die Corona-Krise proaktiv angeht. Das bedeutet für mich, dass man die Bürger dieses Landes in einem ersten Schritt darüber aufklärt, wie sich ein Lebensstil mit ungesunder Ernährung, wenig Bewegung und viel Stress auf die Gesundheit auswirkt und das Risiko erhöht, an Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck und Übergewicht zu erkranken. Eine Informationskampagne dazu wäre wirklich hilfreich. Denn ich mache immer wieder die Erfahrung, dass vielen Menschen dieser Zusammenhang einfach nicht klar ist.

In einem zweiten Schritt sollte man ergänzend dazu eine Kampagne starten, die Anregungen gibt, wie wir uns alle fit und gesund halten können und so den Zivilisationskrankheiten keine Chance geben. Dabei sollte es neben gesunder Ernährung um Themen gehen wie Bewegung, Sport, Aufenthalt in der Natur, ausreichend Schlaf oder Stressreduzierung. Eine solche Kampagne wäre sinnvoll investiertes Geld, das uns als Gesellschaft nicht nur jetzt in der Corona-Krise, sondern auch noch danach helfen würde. Denn unabhängig von Covid-19 würden Veränderungen in diesen Bereichen auch langfristig unsere Gesundheit verbessern. Und das wäre auch volkswirtschaftlich mehr als sinnvoll. Denn wie viel Geld würden unsere Krankenkassen sparen, wenn nicht Tausende von Menschen wegen Bluthochdruck, Adipositas oder den daraus resultierenden Folgeerkrankungen behandelt werden müssten? 

Den ersten Schritt gehen

Aber wahrscheinlich werden wir vergeblich darauf warten. Zu sehr ist unser Gesundheitssystem auf Symptombehandlung fixiert. Aber es gibt eine gute Nachricht: Wir sind nicht auf unser Gesundheitssystem angewiesen, um uns und unserer Gesundheit etwas Gutes zu tun. Wir können heute schon entscheiden, dass wir unsere Gesundheit und damit unser Leben selbst in die Hand nehmen. Dass wir die Verantwortung für uns und unseren Körper übernehmen. Dass wir uns damit auseinandersetzen, was gut für uns ist und wie wir das in unserem Alltag umsetzen können.

Wir wäre es zum Beispiel damit, den Zuckerkonsum drastisch zu reduzieren? Anstatt von Süßigkeiten einfach mehr Obst zu essen? Fertiggerichte weg zu lassen und selbst mit frischen Zutaten zu kochen? Oder einen täglichen Spaziergang im Wald in den Tagesablauf zu integrieren? Es gibt zahlreiche Beispiele, mit denen wir einfach anfangen können und den ersten Schritt in eine gesunde und glückliche Zukunft machen können. Wichtig ist, dass wir uns bewusst werden, dass wir selbst für unsere Gesundheit verantwortlich sind und dass wir einfach loslaufen. Für uns – und gegen das Virus.

Die Krise für die eigene Gesundheit nutzen

Am gleichen Tag, als ich den Bekannten getroffen habe, der Corona-bedingt zugenommen hat, habe ich übrigens auch noch meine Nachbarin getroffen. Und ich habe mich riesig darüber gefreut, dass sie die Corona-Zeit ganz anders genutzt hat. Auch sie hat Corona- und Kurzarbeit-bedingt viel mehr Zeit als normal. Sie hat diese freie Zeit dazu genutzt, sich intensiv mit gesunder Ernährung zu beschäftigen. Immer wieder hat sie mich nach Tipps und Rezepten für ihre Familie (sie hat zwei Kinder) gefragt. Und es ist ihr tatsächlich gelungen, die Ernährung der ganzen Familie komplett umzustellen: Sie essen nun mehr Gemüse und Obst, mehr Vollkorn-Produkte und weniger Fleisch und tierische Produkte. Fertiggerichte haben sie komplett vom Speiseplan gestrichen. Auch Süßigkeiten hat die vierköpfige Familie drastisch reduziert. Darüber hinaus geht die ganze Familie regelmäßig in den Wald oder in den Park.

Meine Nachbarin sieht aus wie das blühende Leben und strahlt über das ganze Gesicht. Freudestrahlend erzählt sie mir in allen Details, was sie als Familie gemeinsam erreicht haben. „Und stell dir vor, ich mache jetzt sogar Sport!“. Dank verschiedener Apps ist dies auch von zu Hause aus problemlos möglich. Und wie so häufig führt eines zum anderen: Wenn wir uns gesünder ernähren, fühlen wir uns fitter und haben dann plötzlich Lust, noch mehr für uns zu tun. Und dann klappt es auf einmal auch mit dem Sport. Zum Abschied fällt ihr dann noch etwas ein: „Ach, übrigens, ich habe zwei Kilo abgenommen. Ich weiß, dass ist nicht viel, aber es ist ein Anfang.“ 

Wie Recht sie hat! Und eines ist gewiss: Damit ist sie nicht nur auf die Bikini-Saison optimal vorbereitet (falls es eine solche in diesem Jahr überhaupt gibt), sie hat damit auch ihren Körper und ihr Immunsystem optimal vorbereitet, falls sie sich – allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz – mit Covid-19 anstecken sollte. Und darauf kann sie zurecht richtig stolz sein. 

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2 Kommentare

  1. Hallo, dein Artikel spricht mir aus der Seele. Auch ich finde man sollte den Leuten mehr über die Zusammenhänge von Ernährung, Gesundheitszustand und Coronakrankheitsverlauf sagen. Ich denke manchmal wenn man gesagt hätte Ihr könnt das Virus bekämofen wenn ihr täglich eine Stunde spazieren geht hätte das mehr positiven Effekt gehabt wie alles andere.
    Bitte mach weiter so und bleib an dem Thema dran.
    Liebe Grüße, Melanie

    1. Author

      Liebe Melanie,

      vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ich freue mich wirklich sehr, dass dich der Artikel angesprochen hat!
      Und du hast wirklich Recht. Neben der Ernährung ist Bewegung (vor allem in der Natur) wirklich hervorragend für unser Immunsystem. Deshalb habe ich mit meiner Freundin und Kollegin auch den Workshop „food meets yoga – das Immunsystem stärken ins Leben gerufen. 🙂
      Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Freude mit leckervital. Bleib gesund!

      Deine Eva

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